Impressionen Max-Weber-Haus

Das „Max-Weber-Haus“ – ursprünglich „Haus Fallenstein“ – ist wohl das traditionsreichste Professorenwohnhaus Heidelbergs. Hier residierten unter anderen der Historiker und Literaturwissenschaftler Georg Gottfried Gervinus, einer der Göttinger Sieben, der Handelsrechtler Levin Goldschmidt, der Theologe und Schriftsteller Adolf Hausrath, der Nationalökonom und Soziologe Max Weber, der Theologe und Religionswissenschaftler Ernst Troeltsch, der Theologe und Religionspsychologe Georg Wobbermin, der Staatsrechtler Richard Thoma und der Römisch-Rechtler Ernst Levy. 

In den Jahren 1846/47 von Georg Friedrich Fallenstein als herrschaftliche Villa gegenüber Altstadt und Schloss erbaut, war es ursprünglich von einer ca. 3.000 qm großen Parkanlage umgeben. Nachdem 1910 Max und Marianne Weber in den ersten Stock eingezogen waren, entwickelte sich ein sonntäglicher „jour“ unter dem Titel „Akademische Geselligkeit“, an dem außer Professorenkollegen auch aufstrebende jüngere Wissenschaftler und Intellektuelle teilnahmen, so etwa Emil Lask, Gustav Radbruch, Karl Jaspers, Hans Gruhle, Georg Lukcács, Ernst Bloch und Friedrich Gundolf.

1919 wechselte das Ehepaar Weber nach München, wo Max Weber wenig später, am 14. Juni 1920 starb. Marianne Weber kehrte daraufhin nach Heidelberg zurück und konnte im Dezember 1922 die alte Wohnung wieder beziehen, in der sie bis zu ihrem Tod im Jahre 1954 lebte. Sie, selbst Autorin und eine bedeutende Vertreterin der bürgerlichen Frauenbewegung, kümmerte sich um das Werk Max Webers und setzte mit Hilfe der alten Freunde 1924 auch wieder den „jour“ in Gang. Er firmierte nun unter dem Titel „Geister-Tee“ und versammelte regelmäßig eine beachtliche Zahl von Personen, darunter auch Studierende und viele Frauen, zu Veranstaltungen mit Tee, Vortrag und anschließender Diskussion. Man spricht von insgesamt etwa 70 Personen, die sich in wechselnder Zusammensetzung trafen. Eine herausgehobene Rolle spielte jetzt, neben Karl Jaspers, Alfred Weber, der in der Regel nach dem Vortrag eines Kollegen die Diskussion eröffnete.

1933 musste sich der Kreis aus der Öffentlichkeit zurückziehen. Viele seiner regelmäßigen Teilnehmer verloren ihre Lehrbefugnis oder sahen sich gar zur Emigration gezwungen. Doch der Kern des Kreises hielt während der Nazi-Herrschaft zusammen. Es ist wohl kein Zufall, dass dem sogenannten Dreizehnerausschuss, der 1945 die Wiedereröffnung der Universität vorbereitete, nicht weniger als sechs Personen aus diesem Kreis angehörten, nämlich neben Karl Jaspers Martin Dibelius, Walter Jellinek, Gustav Radbruch, Otto Regenbogen und Alfred Weber.

Marianne Weber führte ihren „jour“ nach dem Krieg weiter. Nach ihrem Tod verlor das Haus seine Bedeutung. Nur Japaner fragten nach dem Gebäude, in dem Max Weber seine wichtigsten Schriften verfasst habe. Schließlich wurde die einzigartige Geschichte des Hauses wiederentdeckt, und die Universität Heidelberg erlangte die Nutzung. Heute heißt es nach Max Weber. Es beherbergt das Internationale Studienzentrum.

Text: Prof. Dr. rer. pol., Dr. h.c. Wolfgang Schluchter

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